Der Bundesverband Deutscher Patentanwälte befürwortet die Klarstellung der rechtlichen Situation der Beauftragung von zuarbeitenden Dienstleistern für Patentanwälte bei der Ausübung ihrer patentanwaltlichen Tätigkeit. Der Bundesverband begrüßt in diesem Zusammenhang grundsätzlich die vorgesehene Regelung bei der Beauftragung von Dritten, die Dienstleistungen erbringen, die auf das Einzelmandat bezogen sind.
Bei dieser Beauftragung von Dienstleistungen hat der jeweilige Patentanwalt die Möglichkeit,
- den Dienstleister mit der gebotenen Sorgfalt auszuwählen,
- den Mandanten über die Beauftragung des Dienstleisters zu informieren, um dessen Zustimmung einzuholen, sowie weiterhin
- die erforderliche vertragliche Vereinbarung mit dem Dienstleister abzuschließen.
Somit ist es bei diesen Dienstleistungen, die auf das Einzelmandat bezogen sind, dem Patentanwalt möglich, im entsprechenden Umfang den berufsrechtlichen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden sowie auch die Anforderungen zu beachten, die notwendig sind, um bei einem Fehlverhalten des Dienstleisters nicht selbst den Tatbestand einer Norm des Strafrechts zu verletzen.
Von der besonderen Verpflichtung zur Geheimhaltung mitwirkender Personen nach der vorgesehenen Neufassung des § 203 Abs. 4 Satz 2 StGB sollten nach unserer Auffassung jedoch Personen ausgenommen sein, die selbst durch berufsrechtliche bzw. strafrechtliche Regelungen zum Geheimnisschutz verpflichtet sind. Im Zusammenhang mit einem Einzelmandat kann es sich für Patentanwälte beispielsweise um Rechtsanwälte handeln, an die wegen der fehlenden Postulationsfähgkeit des Patentanwalts in einem Zivilverfahren beim Landgericht (Oberlandesgericht) ein Mandat bzw. Informationen zu einem Mandat weitergegeben werden, wenn es um eine Vertretung in einem Verfahren vor einem ordentlichen Gericht geht. Ebenso kann dies einen anwaltlichen Kollegen betreffen, der einen auswärtigen Termin wahrnehmen soll. Aus unserer Sicht wäre es ein erheblicher Aufwand in der Büroorganisation, in jedem dieser Fälle eine Verpflichtung der mitwirkenden Person zur Geheimhaltung vornehmen zu müssen.
Wir halten diesen Aufwand auch für überflüssig, soweit es sich um Personen handelt, die selbst bereits durch entsprechende gesetzliche Regelungen (berufsrechtlich sowie auch strafrechtlich) zur Geheimhaltung verpflichtet sind.
Aus der Sicht des Bundesverbandes Deutscher Patentanwälte wäre bei den Personen, die Dienstleistungen anbieten, die nicht auf ein konkretes Mandatsverhältnis abgestellt sind, eine differenziertere Betrachtung sinnvoll.
Zu diesen Dienstleistern gehören nach unserer Einschätzung:
- Die Provider von Telefon- und Telefaxanschlüssen,
- Die Provider von E-Mail accounts,
- Geldinstitute zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs.
Nach der allgemeinen Formulierung in der vorgesehenen Neufassung der gesetzlichen Regelung ergeben sich für die Berufsgeheimnisträger aus dem Gesetzeswortlaut Verpflichtungen in einem Umfang, der nach den Ausführungen in der Gesetzesbegründung für diese genannten Dienstleistungen offensichtlich gar nicht gemeint ist. In diesem Zusammenhang halten wir eine klarstellende Formulierung in der vorgesehenen Neufassung der gesetzlichen Bestimmungen für sinnvoll.
Unsere Bedenken in diesem Zusammenhang betreffen die derzeit vorgesehenen Anforderungen an den Berufsgeheimnisträger im Hinblick auf die Überwachung und die vertragliche Verpflichtung des Dienstleisters. Diese sind für eine Reihe von üblichen Dienstleistungen – wie beispielsweise den drei genannten Dienstleistungen – aus unserer Sicht nicht realisierbar.
Von den Tatbestandsmerkmalen der Neufassung des § 203 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist die „sorgfältige Auswahl“ des Dienstleisters problemlos umsetzbar. Die weiteren Tatbestandsmerkmale der „Verpflichtung zur Geheimhaltung“ sowie der „Überwachung der Tätigkeit“ lassen sich hingegen gegenüber diesen Dienstleistern realistisch nicht umsetzen.
Ein klarstellender Hinweis könnte nach unserer Auffassung so aussehen, dass für bestimmte Dienstleistungen die „Verpflichtung zur Geheimhaltung“ sowie die „Überwachung der Tätigkeit“ aus den berufsrechtlichen Regelungen sowie aus der strafrechtlichen Regelung ausgenommen werden. Nach Auffassung des Bundesverbandes Deutscher Patentanwälte stellt dies bezogen auf diese Dienstleistungen kein Problem dar, weil für diese Dienstleister ein Schutz der Geheimnisse gewährleistet ist durch gesetzliche Bestimmungen, die diese Dienstleister unmittelbar entsprechend verpflichten. Bei einer realistischen Betrachtung gibt es für keinen Patentanwalt einen Spielraum zu entscheiden, eine oder mehrere der genannten Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen zu wollen.
Da nach der vorliegenden Neufassung der gesetzlichen Bestimmungen keine Unterscheidung in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen erfolgt, müsste der Patentanwalt – um eine eigene Strafbarkeit bei Verstößen durch den Dienstleister auszuschließen – den Dienstleister zunächst sorgfältig auswählen. Dies ist sicherlich machbar.
Weiterhin wäre es erforderlich, die Dienstleister bei ihrer Tätigkeit zu überwachen. Bei den genannten Dienstleistungen hat der Patentanwalt kaum eine Möglichkeit, die üblichen Geschäftsabläufe der Dienstleister überhaupt zu erfahren. Insbesondere erscheint es ausgeschlossen, dass der Patentanwalt diese Geschäftsabläufe kontrollieren kann. Gerade weil diese Dienstleister selbst bereits auf Grund von gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz von Geheimnissen verpflichtet sind, werden diese Dienstleister keine Details über deren interne Abläufe mitteilen. Allein die Tatsache, dass diese internen Abläufe nicht von vorne herein öffentlich bekannt sind, stellt bereits einen wesentlichen Bestandteil für den Schutz der Geschäftsabläufe gegenüber Versuchen der widerrechtlichen Ausspähung dar.
Außer dieser Überwachung der Tätigkeit wäre es weiterhin erforderlich, die Dienstleister zur Geheimhaltung zu verpflichten. Diese Dienstleister haben standardisierte Verträge für die Erbringung der Dienstleistungen. Es wäre unrealistisch, zu erwarten, dass ein Dienstleister in einer der genannten Branchen mit einem der Berufsgeheimnisträger einen abweichenden Vertrag abschließen würde (auch im Sinne einer ergänzenden Zusatzvereinbarung, die eine Einbindung des Dienstleisters in die vorgesehene Neufassung der Strafrechtsnorm des § 203 StGB mit sich bringen würde).
Wir schlagen daher als klarstellenden Hinweis vor, bei der Neufassung des § 203 Abs. 4 Satz 2 eine Strafbarkeit des Berufsgeheimnisträgers im Falle einer unbefugten Offenbarung eines fremden Geheimnisses auszuschließen, wenn die mitwirkende Person regelmäßig Dienstleistungen im Zahlungsverkehr und/oder mit der Bereitstellung und dem Zugang zu Telekommunikationsverbindungen (als Provider) erbringt. Diese Klarstellung im Sinne einer Begrenzung der Verpflichtungen des Patentanwaltes für diese Dienstleistungen auf die „sorgfältige Auswahl des Dienstleisters“ müsste dann entsprechend auch in die berufsrechtlichen Regelungen aufgenommen werden. Sofern im Zusammenhang mit diesen Dienstleistern von Seiten des Gesetzgebers der Geheimnisschutz u.U. als nicht ausreichend gewahrt angesehen wird, könnten weitergehende grundsätzliche gesetzliche Regelungen für diese Dienstleistungen vorgesehen werden.
Von der besonderen Verpflichtung zur Geheimhaltung mitwirkender Personen nach der vorgesehenen Neufassung des § 203 Abs. 4 Satz 2 StGB hatten wir im Zusammenhang mit der Mitwirkung in Einzelmandaten bereits ausgeführt, dass nach unserer Auffassung auch Personen ausgenommen sein sollten, die selbst durch berufsrechtliche bzw. strafrechtliche Regelungen zum Geheimnisschutz verpflichtet sind. Über diese Mitwirkung bei Einzelmandaten hinaus betrifft dies auch Berufsgeheimnisträger als mitwirkende Personen, die Dienstleistungen erbringen, die kein einzelnes Mandat betreffen. Beispiele hierfür wären Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
Im Hinblick auf den Aufwand bei der Büroorganisation in Relation zu der bereits bestehenden gesetzlichen Sicherstellung der Wahrung der Geheimnisse durch die berufs- und strafrechtliche Verpflichtung dieser Berufsgeheimnisträger kann auch hier eine Verpflichtung der mitwirkenden Person zur Geheimhaltung entfallen. Durch die oben bereits vorgeschlagene Klarstellung im Hinblick auf Berufsgeheimnisträger als mitwirkende Personen wäre dem auch Rechnung getragen, wenn sich die Mitwirkung nicht auf ein Einzelmandat bezieht.
Soweit wir die Ausführungen in der Begründung zu der vorgesehenen Neufassung der berufsrechtlichen Regelungen sowie auch der allgemeinen strafrechtlichen Regelung verstanden haben, sind die bis hierher als problematisch angesprochenen Konstellationen mit den Dienstleistern der Telekommunikation, der Finanzdienstleistungen und der Dienstleistungen anderer Berufsgeheimnisträger mit der vorgeschlagenen Neufassung der gesetzlichen Regelung eigentlich nicht gemeint. Wir halten in diesem Zusammenhang eine Klarstellung für sinnvoll, damit die genannten Dienstleistungen nicht durch den Wortlaut des Gesetzes mit erfasst werden. Die entsprechenden Klarstellungen betreffen nicht nur die Patentanwälte sondern auch andere Berufsgeheimnisträger wie beispielsweise Rechtsanwälte, Notare, Ärzte etc.
Mit einem Ausschluss der genannten Dienstleistungen (Telekommunikation, Finanzdienstleistungen) sowie der Dienstleistungen von Berufsgeheimnisträgern von den Verpflichtungen zur Überwachung von deren Tätigkeit und der Verpflichtung zum Abschluss von Verpflichtungen zur Verschwiegenheit könnte unseren Bedenken Rechnung getragen werden.
Aus unserer Sicht sind die entsprechenden Anforderungen für weitere Dienstleister oder auch mitwirkende Personen in einem einzelnen Mandat erfüllbar. Dies gilt beispielsweise für Dienstleister, die Computer sowie ein Computernetzwerk administrieren, installieren und warten, die die Telekommunikationseinrichtungen installieren und warten, die Dolmetscherdienstleistungen erbringen oder auch andere in der Begründung zur Neuregelung aufgeführte Dienstleistungen. Für diese mitwirkenden Personen und Dienstleister können aus unserer Sicht die vorgesehenen gesetzlichen Regelungen umgesetzt werden und dienen damit der erwünschten Klarstellung.