Zwei Themen dominierten den diesjährigen Parlamentarischen Abend des Bundesverbandes Deutscher Patentanwälte: die aktuell anstehende Modernisierung des deutschen Patentrechts und die Frage, wie es mit dem Einheitlichen Patentgericht (EPG) nach dem Brexit weitergehen wird, nachdem die britische Regierung Ende Februar angekündigt hatte, wohl nicht mehr am Europäischen Patentgericht teilnehmen zu wollen, da dieses in letzter Instanz dem Europäischen Gerichtshof untersteht.
Der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christian Lange äußerte zwar sein Bedauern, zeigte sich dennoch zuversichtlich:
„Ich bedaure diese Entscheidung. Ohne Großbritannien wird das Einheitliche Patentsystem an Attraktivität verlieren. Gleichwohl wird es einen deutlichen Mehrwert bieten, den es baldmöglichst zu realisieren gilt. Immerhin schafft die Haltung der britischen Regierung nun Klarheit für die weiteren Planungen.“
Doch wie geht es nun weiter mit dem europäischen Einheitspatent und dem Einheitlichen Patentgericht? Einig war man sich weitestgehend, dass es zwar mit Großbritannien besser wäre – wofür sich auch viele britische Unternehmen einsetzten -, aber auch ohne ein Erfolg werden könne.
Mittlerweile musste das Einheitliche Patentgericht jedoch einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Am Freitag vergangener Woche veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung, der seit März 2017 anhängigen Verfassungsbeschwerde aus formalen Gründen stattzugeben. Zur Verabschiedung des Gesetzes zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag notwendig gewesen, die bei der Abstimmung nicht gegeben war. Die Zukunft des Einheitlichen Patentgerichts scheint aufs Neue ungewiss.
Wo muss modernisiert werden?
Neben dem europäischen Patentrecht stand vor allem die aktuelle Gesetzesinitiative zur Vereinfachung und Modernisierung des nationalen Patentrechts im Fokus des Abends. Einigkeit herrschte darüber, dass, wie im Diskussionsentwurf vorgesehen, die Verletzungsverfahren vor den Zivilgerichten und die Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht besser abgestimmt werden müssen.
Viel diskutiert wurde darüber hinaus das Thema Unterlassungsanspruch bei Patentverletzungen und die damit verbundenen Pläne, § 139 PatG durch ein ausdrückliches Erfordernis der Verhältnismäßigkeit zu erweitern.
BDPA-Präsident Hans-Martin Helwig warnte davor, den Unterlassungsanspruch im Grundsatz aufzuweichen:
„Wenn sich ein Rechtssystem über Jahrzehnte in seiner grundsätzlichen Ausgestaltung bewährt hat, und dazu gehört ein starker und unbedingter Unterlassungsanspruch, dann sollte man beim Schließen einer solchen vermeintlichen „Lücke“ mit der nötigen Vorsicht vorgehen. Denn eine Entwertung der Schutzrechte, die aus der Aufweichung des Unterlassungsanspruchs resultieren könnte, wäre gerade in der heutigen Zeit nicht nur für das Patentwesen fatal.“
Die Frage sei, ob die negativen Auswirkungen, die aus dem starken Unterlassungsanspruch in einzelnen Fallkonstellationen resultieren können, es rechtfertigen, den Unterlassungsanspruch in seiner jetzigen Form auszuhöhlen. Denn diese Gefahr besteht mit einer obligatorischen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Dabei hat der Bundesgerichtshof mit seiner Rechtsprechung, nämlich der in der Branche viel diskutierten Wärmetauscher-Entscheidung (XZR 114/13), bereits eine Fluchttür geöffnet. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz plant nun mit der Gesetzesinitiative eine Klarstellung der Regelung des Unterlassungsanspruchs vorzunehmen, also diese Fluchttür im Gesetz zu verankern. Hans-Martin Helwig sieht jedoch die Gefahr, dass durch die geplante Gesetzesänderung aus der Fluchttür ein Einfallstor wird – für böswillige Nachahmer und Produktpiraten.
Brexit, Einheitliches Patentgericht, Patentmodernisierungsgesetz – 2020 wird zweifelsohne ein ereignisreiches Jahr für das Patentwesen werden – in Deutschland und in Europa.