Der Ingenieur Rudolf Diesel (1858 – 1913) erhielt am 23. Februar 1893 – mit Priorität 28. Februar 1892 – das Patent Nr. 67207 des Kaiserlichen Patentamts auf ein „Arbeitsverfahren und eine Ausführungsart für Verbrennungsmaschinen“. Die zugrundeliegende Idee bestand darin, den schlechten Wirkungsgrad der Dampfmaschinen zu verbessern und Maschinen so effizienter und preisgünstiger zu machen. Erreichen wollte Diesel sein Ziel einer „neuen, rationellen Wärmekraftmaschine“, bei der sich der in einen Zylinder eingespritzte Kraftstoff mittels Kompression selbst entzündet. Er erhoffte sich mit dem Prinzip der höheren Verdichtung einen höheren Wirkungsgrad.
Die Selbstzündung kennzeichnet noch heute Dieselmotoren. Dabei heizt sich die Luft durch adiabate Kompression stark auf und der eingespritzte, am besten hochsiedende Kraftstoff entzündet sich selbstständig, ohne dass eine Zündkerze wie bei Ottomotoren notwendig ist.
Rudolf Diesel, in Paris als Sohn deutscher Eltern in einfachen Verhältnissen zur Welt gekommen, ging mit 12 Jahren allein zu Familienangehörigen nach Augsburg und studierte nach der Schule an der Königlich Technischen Hochschule in München – Berufsziel Ingenieur. Nach seinem Examen arbeitete der als genial geltende Tüftler in der Eisfabrik des Maschinenbauers Carl von Linde. 1881 erhielt Diesel sein erstes Patent für ein Verfahren zur Herstellung von Klareis in Flaschen. In dem Zusammenhang lernte Diesel Heinrich von Buz kennen, den Direktor der Maschinenfabrik Augsburg, später MAN AG, mit dem er zusammen eine Versuchsanlage für sein Verfahren konstruierte. Von Buz sollte in den kommenden Jahren ein verlässlicher Unterstützer der erfinderischen Tätigkeiten Diesels werden.
Ausgangspunkt von Diesels Arbeit am selbstzündenden Motor war der Kreisprozess des französischen Physikers Sadi Carnot. Dessen Kraft-Wärme-Maschine bestand zwar nur in der Theorie, aber da setzte der Ingenieur an: Gas in einem Zylinder so zu verdichten, dass so hoher Druck entsteht, dass der ein Gas-Kraftstoff-Gemisch entzündet.
Rudolf Diesel erläutert in seinem am 10. Januar 1893 erschienenen Werk „Theorie und Konstruktion eines rationellen Wärmemotors zum Ersatz der Dampfmaschine und der heute bekannten Verbrennungsmotoren“ (erschienen bei Springer, Berlin, 1893. (S. 51)), dass der thermische Wirkungsgrad eines idealen Dieselmotors 73 % betrage, in Wirklichkeit aber dieser Wert nicht erreicht werde. Den schätzte der Ingenieur mit dem sechs- bis siebenfachen Wirkungsgrad der damaligen Dampfmaschinen ein, also rund 50 Prozent.
Nicht ohne Stolpersteine auf dem Weg zum Erfolg
Im Februar 1893 erhielt Rudolf Diesel sein deutsches Patent für „Arbeitsverfahren und Ausführungsart für Verbrennungsmaschinen“. Im April begann er mit dem Versuchsaufbau. Die erste Versuchsmaschine, die in der Maschinenfabrik Augsburg, wo Diesel mittlerweile arbeitete, nach dessen Vorgaben gebaut wurde, war im Juli 1893 fertiggestellt und für den Betrieb mit flüssigen Kraftstoffen konzipiert. Sie war ein Viertakter mitKreuzkopfpleuel und OHV-Ventilsteuerung, die Bohrung betrug 150 mm, der Kolbenhub 400 mm. Im Februar 1894 lief der Stationärmotor das erste Mal im Leerlauf. Die technische Idee, die Diesels Patent zugrunde lag, musste mehrfach überarbeitet werden. So baute er unter anderem eine Kühlung ein und experimentierte mit verschiedenen Kraftstoffen. Ab 1894 erhielt Diesel in verschiedenen Ländern Patente auf seine technischen Weiterentwicklungen.
Im April 1895 war ein erster tatsächlicher Motor fertig – mit einem Wirkungsgrad von 16,6 Prozent war er rund doppelt so effizient wie eine Dampfmaschine. Bis zum ersten funktionstüchtigen Prototyp des Dieselmotors sollte es aber noch bis zum 17. Februar 1897 dauern. Auch dieser Motor erreichte zwar nicht das ursprünglich erträumte Ziel eines Wirkungsgrades von 50 Prozent, aber immerhin eine Leistung von 14 kW und einen Wirkungsgrad von 26,3 Prozent. Auf der Weltausstellung 1900 in Paris wird Diesels Motor mit dem „Grand Prix“ ausgezeichnet.
Der Dieselmotor war ein Meilenstein der Ingenieurskunst und wurde zum weltweiten Erfolg, der im In- und Ausland nachgebaut wurde. Lizenzen wurden erteilt. Der Motor kam zunächst bei Schiffen und in Kraftwerken zum Einsatz, erst ab den 1920er Jahren in Lastwagen und Personenkraftwagen. 1912 lief mit der „Selandia“ der erste Ozeandampfer mit Dieselantrieb vom Stapel.
Rudolf Diesel war ein genialer Ingenieur, der mit Leidenschaft seine Ziele verfolgte, auch mit der Intention, die Welt zu verbessern. Technisch schaffte er es damit zu internationaler Berühmtheit. In wirtschaftlicher Hinsicht verfügte Diesel über weniger Gespür. Die Versuche, seine Erfindung selbst zu vermarkten, scheiterten aus verschiedenen Gründen. Gesundheitlich hatte er zunehmend mit Problemen zu kämpfen, auch psychischer Natur. Am 29. September 1913 verschwand Rudolf Diesel unter ungeklärten Umständen auf der Fahrt von Antwerpen nach Harwich. Seine Leiche wurde Tage später im Ärmelkanal gefunden.