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Innovation unleashed – Die transformative Kraft von KI im Patentsystem

Dr. Bernd Janssen und Max von Vopelius, ©BDPA

Alle sprechen von Künstlicher Intelligenz, der BDPA ließ Künstliche Intelligenz sprechen – live auf der Bühne des Berliner Meistersaals. Das diesjährige Herbstseminar unterzog der Zukunftstechnologie KI einem Praxistest: Ausgangspunkt war ein soeben erfundenes Küchengerät, das Geschirrspüler und Ofen kombinieren sollte. BDPA-Vorstandsmitglied Dr. Christian Mohr und BDPA-Delegierter Dr. Thomas Bürvenich versuchten sich mit einem Large Language Modell an einer Patentanmeldung, schauten nach Hürden und Vorteilen beim Draften mit KI und arbeiteten dessen Grenzen beispielsweise bei der Umsetzung in eine Patentzeichnung heraus. Genau hingeschaut haben auch die BDPA-Vorstandsmitglieder Dr. Bernd Janssen und Max von Vopelius, die die Performance von den vier KI-Tools Orbit Intelligence, Minesoft Origin, IP Rally und Predori bei der State-of-the-Art-Recherche untersuchten. Wo genau kommt KI zum Einsatz, welche Stärken und Schwächen zeigen die einzelnen Tools? Im Fokus standen dabei unter anderem der Umgang mit Synonymen bei der semantischen Suche, die Hierarchisierung von Dokumenten und die Möglichkeit zum Chatten mit der KI über die Rechercheergebnisse.

Die wesentlichen Dokumente konnten zwar alle Tools finden, doch ausschließlich auf KI verlassen wollten sich die beiden Patentanwälte dann doch lieber nicht.

Perspektivwechsel zu den Patentämtern: Robert Lemperle vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) sowie Alexander Klenner-Bajaja, Head of Data Science beim Europäischen Patentamt, erläuterten die Anwendungsbereiche von Künstlicher Intelligenz in ihren jeweiligen Ämtern bei Klassifikation, Recherche im Patentprüfungsverfahren und bei der Dokumentenanalyse. Seit Jahren arbeiten beide Patentämter mit Künstlicher Intelligenz zur effizienten Unterstützung der Patentprüferinnen und Patentprüfer.

Effizienzsteigerung versus Qualität

Wie Robert Lemperle es in seinem Vortrag über die digitale Mitarbeiterin des DPMA auf den Punkt brachte: „KI soll die komplexen, aufwändigen, unliebsamen Aufgaben übernehmen.“

von links: Dr. Frank Remmertz, Anna von Berg, Dr. Christian A. Mohr, Dr. Jan-Christian Schütte, Mareike Kleemeier, Karoline Hahn, ©BDPA

Wie das aussehen kann, welche Chancen und Risiken mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz im patentanwaltlichen Alltag verbunden sind, das diskutierte Vorstandsmitglied Dr. Christian Mohr mit Dr. Jan-Christian Schütte von der Siemens AG, Dr. Frank Remmertz, auf IP- und IT-Recht spezialisierter Rechtsanwalt, Mareike Kleemeier, BDPA-Vorstandsmitglied und freiberufliche Patentanwältin, Anna von Berg, Patentanwältin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Helmholtz-Zentrum Hereon sowie Karolyne Hahn, Beraterin und Coach.

Automatisierungsprozesse können zweifellos sinnvoll die Effizienz steigern – ob im Office-Management oder bei der Recherche. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz bei der Patentrecherche kann zunächst einen Zeitgewinn bedeuten, dauert sie doch höchstens ein paar Minuten. Inwieweit die Ergebnisse dann aber auch den Qualitätsstandards entsprechen, hängt nicht nur von den benutzten Tools ab, sondern auch von der Nutzerin oder dem Nutzer. So kann die Nachbearbeitung der Ergebnisse durchaus arbeits- und zeitintensiv sein. Gleichwohl erwarteten die Diskussionsteilnehmer mittelfristig einen Qualitätsanstieg bei der Recherche – und das sei das Entscheidende, betonte Dr. Jan-Christian Schütte, denn die Qualität sei wichtiger als die Kosten. Anna von Berg verwies darauf, dass man auch mit Künstlicher Intelligenz nicht beides haben könne: bessere Qualität und niedrigere Kosten.
Dr. Frank Remmertz gab Einblicke in berufsrechtliche Aspekte bei der Auftragsverarbeitung. So wies er beispielsweise auf die unterschiedliche Handhabung von personenbezogenen Daten gemäß DSGVO und Geschäftsgeheimnissen hin. Problematisch sei in diesem Zusammenhang durchaus, dass viele große KI-Anbieter US-Unternehmen seien – mit Servern in den USA oder anderswo außerhalb der EU. Auch die Transparenzpflichten gegenüber dem Mandanten seien noch nicht final geklärt.

Dr. Martin Müller, TBK EPA, ©BDPA

Perspektivwechsel zur Patentierbarkeit Künstlicher Intelligenz: Dr. Martin Müller, Vorsitzender einer Technischen Beschwerdekammer am EPA, ging zunächst der Frage nach, was Künstliche Intelligenz überhaupt ist und setzte sie in Relation zum Computer und Computer-implementierten Erfindungen, um dann u.a. am Fall DABUS der Frage nach der KI als Erfinderin nachzugehen.

Kann die KI die EQE bestehen? Ja.
Kann die KI Patentanwalt sein? Nein.

Fazit des diesjährigen Herbstseminars: Künstliche Intelligenz kann den Menschen unterstützen, aber nicht ersetzen. Denn eine KI ist immer nur so gut wie ihre Nutzerin oder ihr Nutzer – und stößt, zumindest derzeit noch, klar an ihre Grenzen. Wie der Praxistest gezeigt hat, sollte man sich bei Patentzeichnungen lieber auf einen technischen Zeichner verlassen. Auch mit chemischen Formeln hat die KI massive Schwierigkeiten. Texte zu strukturieren und hierarchisch darzustellen, stellt für die KI eher eine Herausforderung dar. Und schließlich gibt sie auch nicht wirklich gerne preis, wie sie zu ihren Ergebnissen kommt. Das mag alles nur eine Frage der Zeit sein, denn die technischen Entwicklungen auf dem Gebiet Künstlicher Intelligenz und Large Language Modellen sind rasant. Aber die Qualitätskontrolle durch Patentanwältin oder Patentanwalt und die Beratung der Mandanten wird KI nicht ersetzen können.