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LG München wendet sich wegen einstweiliger Verfügung in Patentstreitsache an den EuGH

Foto: Gerichtshof der Europäischen Union

Kann ein letztinstanzliches Oberlandesgericht in Patentstreitsachen eine einstweilige Verfügung verweigern, wenn das Patent kein vorheriges Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat? Diese Frage richtete die für Patentrecht zuständige 21. Zivilkammer des Landgerichts München jetzt an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Denn das Vorgehen in dieser Sache ist nicht unumstritten und die Oberlandesgerichte, insbesondere in München, Mannheim, Düsseldorf und Hamburg, verfahren diesbezüglich nicht absolut einheitlich.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt neben der Verletzung des Streitpatents und einer festgestellten Dringlichkeit die Glaubhaftmachung eines hinreichend gesicherten Rechtsbestands des Patents voraus. Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist es nach derzeitiger obergerichtlicher Rechtsprechung jedoch nicht ausreichend, dass das Patent an sich vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder dem Europäischen Patentamt (EPA) nach eingehender Prüfung erteilt worden war. Vielmehr wird darüber hinaus von den Gerichten eine Bestätigung der Patentierbarkeit verlangt. Denn von einem gesicherten Rechtsbestand, so die Argumentation, könne nur ausgegangen werden, wenn sich das Patent bereits zuvor in einem Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht oder einem Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren vor dem EPA als rechtsbeständig erwiesen hat.

Diese Auslegung, dass ein Patent grundsätzlich vor Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits in einem Rechtsbestandsverfahren auf seine Patentfähigkeit hin geprüft worden sein muss, ist aus Sicht des Landgerichts München jedoch europarechtswidrig. Es sei nicht mit Artikel 9 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG („Durchsetzungsrichtlinie“) vereinbar. Denn viele Patente haben zum Zeitpunkt der Beantragung einer einstweiligen Verfügung noch gar kein Rechtsbestandsverfahren durchlaufen, und gerade erst erteilte Patente können überdies ein solches Verfahren noch gar nicht absolviert haben.

Wie verfahren die für Patentstreitigkeiten zuständigen Oberlandesgerichte diesbezüglich?

Das Landgericht München „sieht sich daher derzeit dazu gezwungen, entgegen seinem Verständnis der Regelung in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG die Anordnung einstweiliger Maßnahmen im Falle einer Patentverletzung grundsätzlich zu verweigern, wenn das verletzte Patent noch kein kontradiktorischen Bestandsverfahren durchlaufen hat und auch die in der Rechtsprechung statuierten Ausnahmen von diesem Grundsatz nicht greifen.“

Die in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes letztinstanzlichen Oberlandesgerichte in München, Düsseldorf und Mannheim verfahren in der Regel so, dass die Rechtsgültigkeit eines Streitpatents dann ausreichend gesichert ist, wenn es das erstinstanzliche Nichtigkeitsverfahren oder Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren erfolgreich durchlaufen hat. Somit erlassen sie erst dann eine einstweilige Verfügung. Am Düsseldorfer Oberlandesgericht werden jedoch Ausnahmefälle berücksichtigt. In Hamburg hingegen sind die Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung weniger hoch.

Vor diesem Hintergrund ist es an der Zeit, dass die Vorgehensweise endlich vor dem Europäischen Gerichtshof grundlegend geklärt wird.