Mit 570 zu 72 Stimmen bei 3 Enthaltungen wurde gestern im zweiten Anlauf das Abkommen über ein Einheitliches Patentgericht im Deutschen Bundestag mit klarer Mehrheit verabschiedet. Damit steht nach jahrelangem Warten endlich die Ratifikation des Gesetzes vor dem Abschluss. Das Übereinkommen bildet den Schlusspunkt der Reform des europäischen Patentsystems.
Während der Debatte verwiesen Redner unterschiedlicher Fraktionen noch einmal auf die Bedeutung des europäischen Einheitspatents und des Einheitlichen Patentgerichts für den Wirtschaftsstandort Europa im Wettbewerb der globalen Wirtschaftsräume. Eine Harmonisierung des Schutzes von geistigem Eigentum in der EU und damit ein Zusammenrücken des europäischen Binnenmarktes stärke die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union.
Das Ratifizierungsverfahren war vom Bundesverfassungsgericht im März diesen Jahres wegen Formmängeln gestoppt worden und musste danach erneut durchlaufen werden. Denn im April 2017 waren bei der abschließenden Abstimmung über das Übereinkommen zum Einheitlichen Patentgericht (EPGÜ) im Bundestag nur etwa 35 der mehr als 600 Abgeordneten anwesend, eine Zwei-Drittel-Mehrheit wäre aber notwendig gewesen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hatte daraufhin das Gesetz im Eilverfahren wortgleich erneut eingebracht.
Bereits seit Mitte der 70er Jahre ist ein einheitlicher europäischer Patentschutz in Planung. Mit Ausnahme von Spanien und Kroatien, die nicht teilnehmen werden, sind das europäische Einheitspatent und das dafür zuständige Einheitliche Patentgericht in greifbare Nähe gerückt.
Das Europäische Einheitspatent ist auch eines der zentralen Mittel des am Mittwoch vorgestellten europäischen Aktionsplans, mit dem die Europäische Kommission das geistige Eigentum der EU zukünftig stärker schützen will.
Aktionsplan der Europäischen Kommission
Der Aktionsplan soll insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beim Schutz ihrer Erfindungen unterstützen. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton spricht in diesem Zusammenhang von einer kompletten Überarbeitung des Systems für den Bereich des geistigen Eigentums. Europa solle damit künftig besser in der Lage sein, Technologien der nächsten Generation zu entwickeln und Fortschritte in der Datenverarbeitung und künstlichen Intelligenz zu nutzen.
Das einheitliche Patentsystem mit Einheitspatent und Einheitlichem Patentgericht soll dabei eine zentrale Rolle für den Patentschutz und die Schutzrechtsdurchsetzung in Europa spielen. Geplant ist auch eine Verbesserung der Transparenz und Berechenbarkeit bei der Lizensierung von standardessenziellen Patenten (SEP).
Neben der missbräuchlichen Nutzung von technischen Neuerungen soll die Marken- und Produktpiraterie stärker bekämpft werden. Der Aktionsplan der EU Kommission schlägt zudem vor, ergänzende Schutzzertifikate für patentierte Arznei- und Pflanzenschutzmittel zu verbessern und den Geschmacksmusterschutz in der EU zu modernisieren.
Schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige machen fast 45 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts aus und 93 Prozent aller EU-Ausfuhren. Gerade vor dem Hintergrund einer globalisierten Wirtschaft ist es an der Zeit, das geistige Eigentum auf europäischer Ebene mit Einheitspatent und Einheitlichem Patentgericht ergänzend zum deutschen Patentsystem zu stärken.
Weiterer Zeitplan der Ratifizierung des EPG-Übereinkommens
Am 18. Dezember wird sich der Bundesrat mit dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht befassen. Danach fehlt noch die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten. Es wird davon ausgegangen, dass die Ratifizierung bis Ende des Jahres abgeschlossen werden kann. Für das Inkrafttreten des Übereinkommens ist nur noch die Ratifikation durch Deutschland erforderlich. Nach Angaben der EU-Kommission wird daher erwartet, dass 2021 die »Periode provisorischer Anwendung« des Einheitspatents beginnen kann. Ab 2022 soll das neue System voll funktionsfähig sein.
Wie sich der Brexit und Großbritanniens Widerrufung der EPG-Ratifikation auf die Einrichtung des Einheitlichen Patentgerichts auswirken werden, ist Gegenstand der anstehenden Verhandlungen. Insbesondere die Suche nach einem neuen Standort für die ursprünglich in London vorgesehene Außenstelle der Zentralkammer wird bereits jetzt intensiv diskutiert. In dem Zusammenhang hat insbesondere Mailand auf sich aufmerksam gemacht. Als Übergangslösung sind zunächst aber München und Paris angedacht.