Der Bundesverband Deutscher Patentanwälte hat zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts-und Sozialausschuss über den Umgang der EU mit standardessenziellen Patenten“ Stellung genommen:
Der Bundesverband Deutscher Patentanwälte befürwortet die Ziele der Mitteilung, eine Umsetzung und Nutzung der Standards auf breiter Basis zu vereinfachen, um deren Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung in geeigneter Weise Rechnung zu tragen.
Wir stimmen der Mitteilung in der Einschätzung der weitreichenden wirtschaftlichen Bedeutung der Entwicklung der Standards und der Handhabung der damit verbundenen standardessenziellen Patente (SEPs) in Lizensierungsverfahren zu. Dies gilt insbesondere für das Kriterium, dass auch beteiligte KMU mit geringeren Umsätzen sowie Start-ups in der Lage sein müssen, mit einem für sie vertretbaren wirtschaftlichen Aufwand derartige Lizenzverhandlungen zu SEPs führen zu können. Wir stimmen auch überein, dass den Interessen der Patentinhaber an einer angemessenen Vergütung der geleisteten Entwicklungsarbeiten Rechnung getragen werden muss, soweit diese Niederschlag in den SEPs gefunden haben.
1. Berücksichtigung des gesamten wirtschaftlichen Wertes aller essenziellen Patente für einen Standard und mögliche Konsequenzen für das Verfahren bei Lizenzverhandlungen
In der Mitteilung der Kommission wird als ein Kriterium für die Festlegung einer angemessenen Lizenzgebühr in den Verhandlungen zwischen einem Inhaber eines Portfolios von SEPs und einem Lizenznehmer genannt, eine Obergrenze des wirtschaftlichen Wertes aller Patente für die Umsetzung des Standards zu berücksichtigen. Diese Obergrenze kann gegebenenfalls für bestimmte Produktgruppen unterschiedlich definiert werden. Unser Vorschlag geht dahin, diesen Gesichtspunkt nicht nur für die individuellen Verhandlungen zwischen einem Patentinhaber eines Portfolios von SEPs und einem einzigen Lizenznehmer in Betracht zu ziehen, sondern aus diesem Kriterium eine Vorgehensweise abzuleiten, wie sich Lizenznehmer generell die Rechte zur Nutzung von sämtlichen SEPs zu einem bestimmten Standard sichern können und wie nachfolgend die Aufteilung der insgesamt vereinnahmten Lizenzgebühren zwischen den Inhabern von Portfolios an standardessenziellen Patenten vorgenommen werden kann.
1.1 Konsequenzen für die einzelnen Lizenznehmer
Wenn ein wirtschaftlicher Wert für eine „Gesamtlizenz“ aller SEPs zu dem jeweiligen Standard festgelegt ist, ist es aus unserer Sicht für die einzelnen Lizenznehmer nicht mehr notwendig, mit einer Vielzahl von einzelnen Patentinhabern individuell Lizenzen zu jedem einzelnen Patentportfolio verhandeln zu müssen. Der Lizenznehmer könnte bei einer Definition einer solchen wirtschaftlichen Obergrenze eine entsprechende angemessene Lizenzgebühr für alle SEPs beispielsweise auf ein treuhänderisch verwaltetes Konto einbezahlen. Damit wäre der Lizenznehmer an der Problematik der Verteilung der „Gesamtlizenzgebühr“ nicht mehr beteiligt. Die Frage der Verteilung einer „Gesamtlizenzgebühr“ müsste bei einer solchen Lösung zwischen den Inhabern der SEPs vorgenommen werden.
Dies halten wir in der Sache auch für richtig. Dadurch würde sich der Gesamtaufwand zur Führung von gerichtlichen bzw. schiedsgerichtlichen Auseinandersetzungen erheblich reduzieren. Auch wenn die Höhe der „Gesamtlizenzgebühr“ in verschiedenen Konstellationen von Lizenznehmern unterschiedlich sein kann, dürfte eine angemessene prozentuale Verteilung der „Gesamtlizenzgebühr“ zwischen den Portfolios der Inhaber der SEPs immer dieselbe sein. Wäre dieser Verteilungsschlüssel unter den Inhabern von SEPs einmal geklärt, könnte dieser für die Verteilung der bezahlten „Gesamtlizenzgebühren“ für einen bestimmten Standard verwendet werden.
Insbesondere wäre es bei einer solchen Lösung nicht notwendig, dass jeder einzelne Lizenznehmer mit den jeweiligen Inhabern von Portfolios zu SEPs den wirtschaftlichen Wert von deren Patentportfolio im Verhältnis zu den Patentportfolios anderer Inhaber von SEPs verhandeln müsste. Bei einer solchen Diskussion müsste nämlich der Lizenznehmer den wirtschaftlichen Wert von SEPs anderer Patentinhaber von sich aus in der Argumentation vertreten. Neben der Kenntnis, welche anderen Patente zu den SEPs gehören, müsste der Lizenznehmer für die Diskussion mit jedem einzelnen Inhaber von SEPs vorbereitet sein, den wirtschaftlichen Wert jedes SEP eines anderen Patentinhabers zu bewerten. Dies ist gerade für KMU und Start-ups in diesem Umfang nicht mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu realisieren.
1.2 Konsequenzen für die Inhaber von SEPs
Die Inhaber von SEPs müssen für ihr eigenes Patentportfolio ohnehin vorbereitet sein, zu argumentieren, warum die Patente des Portfolios standardessenziell sind. Ebenso müssen die Patentinhaber in der Lage sein, den wirtschaftlichen Wert der einzelnen SEPs abzuschätzen. Insofern ist die Diskussion über einen angemessenen Verteilungsschlüssel der Gesamtlizenzgebühr für den gesamten wirtschaftlichen Wert der Patente eines Standards nach der Auffassung unseres Verbandes mit wirtschaftlichem Aufwand am besten zwischen den Inhabern der SEPs zu führen, um zu dem angesprochenen prozentualen Verteilungsschlüssel zu gelangen. Die Bestimmung dieses Verteilungsschlüssels müsste lediglich einmal vorgenommen werden, und zwar in einem Verfahren, an dem lediglich die Inhaber der SEPs als Parteien beteiligt sind.
Für die Bestimmung des Verteilungsschlüssels könnte weiterhin festgelegt werden, dass nur die Inhaber von SEPs beteiligt werden, die die Patente, die sie aus ihrem Portfolio für standardessenziell halten, ordnungsgemäß mit entsprechend aktuellen Daten gemeldet haben. Der Verteilungsschlüssel könnte regelmäßig angepasst werden, abhängig davon, ob Patente fallen gelassen wurden oder ob Patente so beschränkt wurden, dass sie nicht mehr standardessenziell sind. Ebenso könnten bei diesen Anpassungen „Nachmeldungen“ von SEPs berücksichtigt werden. Dies sollte dann nur für die Zukunft gelten, um die Inhaber von SEPs zu motivieren, frühzeitig vollständige Mitteilungen vorzulegen.
Die Inhaber von SEPs werden sich bei dieser Lösung gegenseitig dahingehend kontrollieren, dass kein Patentinhaber in großem Umfang Patente als standardessenziell meldet, die dies gar nicht sind. Wenn ein Patentinhaber in dieser Weise vorgehen würde, würde er damit über den Verteilungsschlüssel den Ertrag der Inhaber von SEPs schmälern, die wirklich standardessenziell sind.
Sowohl von der Interessenlage als auch vom Know-how in der Frage der Bewertung eines Patentes als standardessenziell halten wir es für sinnvoll, die Diskussion über die Verteilung des Gesamtertrages zwischen den Inhabern von SEPs führen zu lassen. Die Lizenznehmer haben an dieser Diskussion kein eigenes Interesse und müssen daran nicht beteiligt werden.
Um zu vermeiden, dass solche Diskussionen die Auszahlung von Lizenzgebühren zu lange verzögern, kann vorgesehen werden, dass von dem treuhänderisch verwalteten Konto ein Teilbetrag (beispielsweise 25% – 50%) zunächst nach einem Schlüssel verteilt wird, der sich nach der Anzahl der von den Patentinhabern selbst aus ihrem Portfolio als standardessenziell gemeldeter Patente bestimmt. Wenn der Verteilungsschlüssel in den Verhandlungen zwischen den Inhabern der SEPs verbindlich festgelegt ist, können diese Abschlagszahlungen mit den Zahlungen verrechnet werden, die den Inhabern der SEPs nach dem Verteilungsschlüssel zustehen.
Mit der Reduzierung der Anzahl von notwendigen gerichtlichen Entscheidungen bei dieser Vorgehensweise wird auch die benötigte Personalstärke bei Gerichten bzw. anderweitig zuständigen Stellen für die Bestimmung der Höhe der Lizenzgebühr begrenzt.
2. Zuständigkeit für die abschließende Entscheidung, ob ein Patent standardessenziell ist
In der Mitteilung der Kommission sind verschiedene Möglichkeiten angedeutet, dass öffentliche Stellen und Institutionen für eine abschließende Entscheidung über die Frage zuständig sein könnten, ob ein Patent standardessenziell ist oder nicht.
Aus unserer Sicht müsste diese Frage gerichtlich geklärt werden. Bei einer Zuständigkeit einer Behörde müsste nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen ohnehin die Möglichkeit einer nachfolgenden gerichtlichen Überprüfung dieser behördlichen Entscheidung gegeben sein. Wenn ein Gericht für die Überprüfung dieser Entscheidung zuständig ist, wäre es aus unserer Sicht verfahrensökonomischer, diese Frage gleich durch das Gericht entscheiden zu lassen. In der Mitteilung der Kommission wurde in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit hingewiesen, dass derartige Fragen durch das zu gründende Einheitspatentgericht entschieden werden könnten. Wir begrüßen diesen Vorschlag für die gerichtliche Zuständigkeit.
Das Einheitspatentgericht würde nach seiner Gründung zu den zuständigen Gerichten gehören, die in Streitfällen über Lizenzen zu standardessenziellen Patenten zu entscheiden hätten. In bisherigen Fallkonstellationen würde ein Inhaber eines Portfolios an standardessenziellen Patenten einem Lizenznehmer gegenüberstehen. In einem solchen Verfahren wäre – wenn sich die Parteien in diesem Punkt nicht einig wären – auch streitig zu entscheiden, ob alle von dem Patentinhaber genannten Patente auch wirklich standardessenziell sind. Damit wäre das Einheitspatentgericht auch für diese Überprüfung zuständig.
Die Frage, welche Patente bei einer größeren Zahl von Patenten essenziell für einen bestimmten Standard sind, ist inhaltlich dieselbe wie die Überprüfung eines einzelnen Patentes, auch wenn diese Frage für die Überprüfung aller in Frage kommenden Patente (nachfolgend zu entsprechenden Meldungen der einzelnen Patentinhaber) von Umfang her in einer ganz anderen Dimension liegt.
Die Patentämter haben derzeit Schwierigkeiten, Prüfer mit der technischen Ausbildung zu finden, die zur Bearbeitung der Patentanmeldungen im Zusammenhang mit Standards der Telekommunikation notwendig ist. Deswegen halten wir es für sinnvoll und geboten, diesen Prüfern keine weiteren Aufgaben zuzuweisen. Die Bearbeitungszeiten bei den Patentanmeldungen würden sonst unverhältnismäßig lang werden. Dies gilt insbesondere auf dem Gebiet der Telekommunikation mit den dort vorherrschenden kurzen Entwicklungszyklen.
Hinzu kommt, dass es in der Sache eine ganz andere Prüfung ist, zu einer Patentanmeldung zu entscheiden, ob diese neu und erfinderisch gegenüber dem Stand der Technik ist, im Verhältnis zu der Prüfung, ob eine bestimmte Ausführungsform im Schutzbereich eines erteilten Patentes liegt.
Die Prüfung, ob ein Patent standardessenziell ist, ist im Ergebnis nichts anderes als die Prüfung, ob ein Produkt, das die Merkmale des Standards aufweist, damit (zwingend) im Schutzbereich des Patentes liegt. Wenn diese Frage bejaht wird, ist das Patent standardessenziell. Eine Prüfung setzt damit voraus, dass zunächst der Schutzbereich des Patentes bestimmt wird und anschließend die „Merkmalskombination“ der Definition des Standards daraufhin untersucht wird, ob diese (im Wortsinn oder im Äquivalenzbereich) im Schutzbereich des Patentes liegt.
Die erstgenannte Frage der Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit gehört zum Tagesgeschäft der Prüfer beim Patentamt. Die zweite Frage der Bestimmung des Schutzbereichs und der Subsumtion einer Merkmalskombination in diesen Schutzbereich unter Beachtung der Gesichtspunkte der Benutzung des Patentes im Wortsinn bzw. im Äquivalenzbereich ist eine viel weitergehende Frage. Um diese Frage adäquat beantworten zu können, würde dies bei den derzeit bei den Patentämtern tätigen Prüfern noch einige Weiterbildungen voraussetzen. Die mit dieser Weiterbildung erforderliche Zeit würde diesen Prüfern wiederum für die Bearbeitung der Patentanmeldungsakten unmittelbar fehlen. Hinzu käme noch der zeitliche Aufwand mit der Prüfung der Patente, ob diese standardessenziell sind. Insgesamt wäre damit mit einer erheblichen Verlängerung der Bearbeitungszeiten derartiger Patentanmeldung und Patente auf diesen wichtigen Gebieten zu rechnen. Die Problematik, zusätzliches Personal zu finden, hatten wir bereits angesprochen.
Wir halten es auch für besser, wenn die Prüfung eines Patentes, ob dieses standardessenziell ist, nicht lediglich auf Antrag eines Patentinhabers von einer zuständigen Behörde bzw. einem zuständigen Gericht in einem Verfahren geprüft wird, an dem nur der Patentinhaber als Partei beteiligt ist. Hier sehen wir den Vorteil bei unserem Vorschlag, dass die Frage, ob ein Patent standardessenziell ist, nur insoweit entschieden werden muss, als dies zwischen den Inhabern von standardessenziellen Patenten streitig ist. Nach unserer Einschätzung ist zu erwarten, dass sich die „gemeldeten Portfolios“ insgesamt hinsichtlich der Zuverlässigkeit ausgleichen, mit der gemeldete Patente einer Nachprüfung auf deren „Standardessenzialität“ standhalten. Sofern ein Inhaber eines standardessenziellen Patentes der Meinung wäre, dass ein „Ungleichgewicht“ besteht und andere Patentinhaber Patente als standardessenziell gemeldet haben, die dies gar nicht sind, müsste diese Frage – zu diesen Patenten – entsprechend gerichtlich geklärt werden.
Wir präferieren eine Lösung, bei der eine Prüfung eines Patentes, ob dieses standardessenziell ist, erst dann vorgenommen wird, wenn diese Frage zwischen mehreren Parteien (nach unserem Vorschlag: zwischen mehreren Inhabern von SEPs) streitig ist. An dem dann folgenden Verfahren wäre nicht nur der Patentinhaber selbst als Partei beteiligt, sondern auch eine oder mehrere andere Parteien, die von dieser Entscheidung betroffen wären. Nach unserer Auffassung wäre damit sichergestellt, dass auch Argumente einer Gegenposition, nach der ein Patent nicht standardessenziell ist, vollständiger berücksichtigt werden können, weil diese von der entsprechenden Gegenpartei vorgetragen werden. Die zuständige Behörde bzw. das zuständige Gericht wäre damit auch weitergehend entlastet, weil die Entscheidung in erster Linie in der Abwägung von vorgebrachten Argumenten der beteiligten Parteien begründet wäre und die Behörde bzw. das Gericht eventuelle Gegenargumente nicht selbst in das Verfahren einbringen müsste.
Ein weiterer Vorteil unseres Vorschlags besteht darin, dass sich eine „Gesamtlizenzgebühr“ als wirtschaftlicher Wert des Patentschutzes einer standardisierten Technologie insgesamt auch dann definieren lässt, wenn im Detail noch nicht geprüft ist, welche Patente standardessenziell sind.
Um den Verteilerschlüssel zu definieren, müssten sich die Inhaber der SEPs untereinander verständigen. Erst dann, wenn zu bestimmten Patenten keine Einigung erzielt wurde, ob diese standardessenziell sind, wäre eine gerichtliche Entscheidung notwendig. Der Umfang, in dem die Gerichte tätig werden müsste, wäre damit deutlich reduziert gegenüber einer Lösung, bei der grundsätzliche alle als standardessenziell gemeldeten Patente einer solchen Überprüfung unterzogen werden müssten. Die große Menge der Marktteilnehmer als Lizenznehmer wäre bei dieser Lösung bei den Streitigkeiten, bei denen es um eine detaillierte Bewertung einzelner Patente geht, außen vor. Dies hätte positive Auswirkungen auf den eigenen Aufwand, der mit dem Führen dieser Prozesse verbunden ist, sowie auch das Kostenrisiko.
Deswegen halten wir es für sinnvoll, dass sich die Inhaber der SEPs zunächst untereinander verständigen. Wenn die Gerichte nur in den Fällen tätig werden müssten, in denen sich die Inhaber der SEPs nicht einvernehmlich verständigen können, wäre die Zahl der anhängigen Fälle entsprechend geringer, als wenn zu jedem Patent geprüft werden müsste, ob dies standardessenziell ist.
Die Frage der Prüfung, ob ein Patent standardessenziell ist, setzt vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen im Patentrecht voraus. Deswegen haben wir große Vorbehalte, diese Entscheidung auf Institutionen zu übertragen, die bisher überhaupt keine Erfahrungen mit der Handhabung und der detaillierten Bewertung von Patenten haben. Dies betrifft die Anmerkung in der Mitteilung der Kommission, dass die Standardisierungskommissionen derartige Entscheidungen treffen könnten und entsprechende Zertifikate ausstellen.
Gerade im Zusammenhang mit unserem Vorschlag wären Verfahren zur Prüfung, ob ein Patent standardessenziell ist oder nicht, bei einem Gericht (Einheitspatentgericht oder auch nationale Gerichte, die zuständig sind für Patentstreitigkeiten) am besten aufgehoben.
3. Zugänglichkeit und Aktualisierung der Informationen über SEPs zu einem bestimmten Standard
Im Übrigen begrüßen wir ausdrücklich die angesprochenen Punkte in der Stellungnahme, die die Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit (im Sinne eines barrierefreien Zugangs zu den Informationen) und die Relevanz der Informationen zu den SEPs in einer übersichtlichen Gesamtdarstellung betreffen. Diese Informationen werden in jedem Falle benötigt, unabhängig davon, in welcher Art und Weise nachfolgend eine Festlegung der Lizenzgebühren für die SEPs erfolgen soll. Die geeignete Bereitstellung der Informationen könnte für die Inhaber der SEPs zur Voraussetzung gemacht werden, um an dem zu bestimmenden Verteilungsschlüssel beteiligt zu werden.
Wir begrüßen in diesem Zusammenhang auch die angesprochenen Punkte bezüglich der laufenden Aktualisierung der einmal hinterlegten Informationen. Insbesondere ist zu begrüßen, dass bibliografische Informationen automatisch mit dem Datenbestand der Patentämter abgeglichen werden sollen und damit unabhängig davon sind, ob die Inhaber von SEPs einer Verpflichtung zur laufenden Aktualisierung ihrer Daten nachkommen.
Von besonderer Wichtigkeit ist dabei aus unserer Sicht eine Prüfung, ob ein Patent in seinem erteilten Umfang nach wie vor essenziell für den Standard ist.
4. Sammeln und Bereitstellen von Informationen über Entscheidungen zu Lizenzsätzen zu SEPs
In der Mitteilung wurde angesprochen, dass Informationen über getroffene Entscheidungen zentral gesammelt werden können, um bei künftigen Entscheidungen berücksichtigt zu werden. Wir möchten in diesem Zusammenhang anmerken, dass nach unserer Erfahrung nicht unbedingt zu erwarten ist, dass Lizenznehmer für sie günstige Gerichtsentscheidungen an eine zentrale Informationsstelle melden. Letztlich haben diese einzelnen Lizenznehmer jeweils für sich den Aufwand und die Kosten zur Durchführung des Gerichtsprozesses betrieben. Mit der Gerichtsentscheidung sind die wirtschaftlichen Interessen dieses Lizenznehmers im Falle eines Obsiegens im Gerichtsverfahren gewahrt und abschließend geklärt. Wenn diese Lizenznehmer Informationen zu dieser Gerichtsentscheidung an eine zentrale Informationsstelle melden, nutzt diese Information Wettbewerbern dieses Lizenznehmers unmittelbar, weil diese damit den Aufwand und die Kosten zur Führung eigener Gerichtsprozesse sparen. Insofern wäre es für den Lizenznehmer, der ein eigenes Gerichtsverfahren betrieben hat, in seiner wettbewerblichen Stellung sogar günstiger, wenn seine Wettbewerber diese Prozesse selbst ebenfalls führen müssten. Insofern könnte es eine wirtschaftliche und wettbewerbliche Überlegung der Lizenznehmer sein, Erfolge in derartigen Prozessen nicht weiter mitzuteilen.
Hingegen wären bei der zentralen Sammelstelle die Entscheidungen mutmaßlich überrepräsentiert, die für die Inhaber von SEPs günstig sind. Diese Inhaber hätten durch die Weitergabe dieser Information den unmittelbaren Vorteil, dass sie bei weiteren Lizenzverhandlungen mit anderen Lizenznehmern weniger Widerstand auf Seiten der Verhandlungspartner zu erwarten hätten, wenn diese für die Inhaber der SEPs günstige Entscheidung „auf dem Tisch liegt“.
5. Technische Standards – markenrechtliche Aspekte
Wir wollen an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, im Zusammenhang mit den SEPs darauf hinzuweisen, dass außer den Patenten auch markenrechtliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen können. Diese markenrechtlichen Aspekte betreffen derzeit bereits den Bluetooth-Standard sowie den WiFi-Standard. Unternehmen sollten nach unserer Auffassung die Möglichkeit haben, Produkte auf den Markt zu bringen, die bestimmten Standards entsprechen. Die Frage der (Patent-) Lizenzgebühren wurde bereits erörtert.
Um dem Kunden im Zusammenhang mit einem Produkt kommunizieren zu können, dass dieses bestimmten Standards entspricht, ist es für den Verkäufer des Produktes wichtig, die gängige und bei den Kunden bekannte Bezeichnung des Standards verwenden zu können.
Aus unserer Sicht steht es dazu im Widerspruch, dass die Markenrechte an der Bezeichnung „Bluetooth“ sowie dem Logo des Bluetooth-Standards in privater Hand sind. Dies gilt ebenso für Markenrechte an der Bezeichnung WiFi. Die Nutzung ist zwar insofern offen, als grundsätzlich jeder Nutzungsrechte erwerben kann. Dies setzt allerdings voraus, dass der Nutzer vorher seine Produkte einer Qualitätsprüfung unterziehen lassen muss, die kostenpflichtig ist und auf privatrechtlicher Basis zwischen dem Markeninhaber und demjenigen vereinbart wird, der ein entsprechendes Produkt auf den Markt bringen will.
Dies sollte aus unserer Sicht nicht sein. Auch bei anderen Standards funktioniert die Verwendung der Bezeichnung des Standards dahingehend, dass die Produkte, sofern die Bezeichnung des Standards verwendet wird, dann auch diesen Standards entsprechen. Eine andere Handhabung für den Bluetooth-Standard oder den WiFi-Standard ist aus unserer Sicht nicht geboten und auch nicht sinnvoll.
Es geht bei dem Bluetooth-Standard um die Unionsmarken, die diesem Schreiben angehängt sind. Ebenso sind einige Marken zu der Bezeichnung „WiFi“ angefügt.
Um den Marktteilnehmern eine Nutzung des Standards ohne Einschränkungen von Privatpersonen zu ermöglichen und auch, um gegenüber den Verbrauchern die Funktionsweise eines Produktes entsprechend einem Standard ohne Einschränkungen kommunizieren zu können, schlagen wir daher vor, für die Bezeichnung von Standards sowie auch für die Logos, die für Standards verwendet werden, einen Ausschluss von der Schutzfähigkeit als Marke gesetzlich zu regeln – etwa vergleichbar dem Ausschluss von staatlichen Hoheitszeichen von der Markenschutzfähigkeit.
Dies würde auf jeden Fall gelten für die Eintragung der Bezeichnung von Standards als Individualmarken. Auch bei Kollektivmarken stellt die Eintragung nach unserer Auffassung eine zu große Hürde für die Umsetzung und Nutzung des Standards dar, weil Nutzer abgesehen von der Einhaltung der Bedingungen des Standards gezwungen werden, weitere Formalien zu beachten, die sich aus den Bestimmungen der Kollektivmarke ergeben. Dabei ist zu beachten, dass die verlangten Zertifizierungen kostenpflichtig sind.
Sofern die Bluetooth SIG Inc. oder die WiFi Association eine Qualitätsprüfung für notwendig oder zumindest sinnvoll hält, kann sie dies grundsätzlich tun, indem sie entsprechende ergänzende Hinweise in die Bezeichnung aufnimmt, beispielsweise in der Form:
Bluetooth – Standard verified by …..
WiFi – Standard verified by …
Der Markenschutz einer solchen Bezeichnung im Sinne einer Qualitätssicherung wäre dann auf die Zertifizierungsangabe beschränkt und würde sich nicht auf die Benennung des Standards als solchen beziehen.